Laut § 109 der deutschen Gewerbeordnung hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Damit Jobsuchende mit diesem Zeugnis auch wirklich eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, sind zwei Dinge bei der Formulierung der Zeugnisse entscheidend: Sie müssen wahrheitsgemäß formuliert und außerdem auch wohlwollen geschrieben sein. Offene Kritik oder gar Diffamierungen sind demnach für ein Arbeitszeugnis unzulässig, sodass wiederum negativ behaftete Ausdrücke, wie „Fehler“, „Schwierigkeiten“ oder „Probleme“, vom ausstellenden Arbeitgeber nicht verwendet werden dürfen. Sogar herabwürdigende Konjunktionen, wie zum Beispiel „bedauerlicherweise“, „leider“, „obgleich“ oder „trotz“ sind für das Arbeitszeugnis tabu. Das gilt übrigens auch dann, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeiten tatsächlich mangelhaft verrichtet hat.

So können Sie den Arbeitszeugnis Code entschlüsseln

Um dennoch eine gewisse Form der Kritik im Arbeitszeugnis äußern zu können, hat sich im Laufe der Zeit ein spezieller Formulierungscode entwickelt, mit dessen Hilfe Arbeitgeber ihrem Unmut über inkompetente Mitarbeiter Luft machen können. Dabei werden Inkompetenzen oder Probleme meist so formuliert, dass sie vordergründig positiv klingen, ihr Bedeutung bei genauerem Hinsehen jedoch das genaue Gegenteil ausdrückt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Formulierung: „Seine Geselligkeit trug zur Verbesserung des allgemeinen Betriebsklimas bei.“ Dieser Satz klingt im ersten Augenblick durchaus positiv, eine negative Bedeutung ist ihm eigentlich nicht zu entnehmen. Wer jedoch die Arbeitszeugnis Formulierungen kennt, der weiß, dass dieser Satz nicht anderes bedeutet, als dass der Mitarbeiter während der Arbeitszeit gerne Alkohol konsumiert hat.

Auch wenn Ihr Chef sich in dem für Sie ausgestellten Arbeitszeugnis gezielt über bestimmte Elemente Ihres Tätigkeitsbereichs ausschweigt, ist dies im Großteil aller Fälle kein positives Zeichen. Damit signalisiert er laut Arbeitszeugnis Code mit großer Wahrscheinlichkeit, dass Sie in diesen spezifischen Aufgabengebieten nicht überzeugt haben.

Ähnlich verhält es sich, wenn vornehmlich Selbstverständlichkeiten, die eigentlich als wichtigste Voraussetzung angesehen werden, damit ein Betrieb überhaupt funktionieren kann, wie beispielsweise Pünktlichkeit oder Aufrichtigkeit, hervorgehoben werden. Hiermit macht Ihr Chef laut Arbeitszeugnis Bewertung deutlich, dass Sie sich weder durch Ihre Arbeitsleistung noch durch Ihre Fachkompetenz hervortun konnten und stattdessen gerade einmal nur das Nötigste bzw. die Grundvoraussetzungen erfüllt haben.

Auch wenn Sie in Ihren Arbeitszeugnis Formulierungen auf doppelte Verneinungen stoßen, sollten bei Ihnen die Alarmglocken schellen. Anders als in der Alltagsprache unterstreichen sie laut Arbeitszeugnis Code  die negative Bedeutung. Dementsprechend sind Ausdrücke, wie „tadellos“ oder „nicht unerheblich“ meist Indikatoren für eine mangelhafte Bewertung.

Ebenfalls nicht unterschätzen sollten Sie die Wirkung der Abschlussformel am Ende des Zeugnisses. Mit diesen Zeugnisformulierungen kann Ihr Arbeitgeber seine Beurteilung noch einmal final deutlich werden lassen, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.

Beispiele für klassische Arbeitszeugnis Formulierungen

Formulierung Bedeutung
… war wegen ihrer/seiner Pünktlichkeit ein gutes Vorbild konnte nur mit Pünktlichkeit, nicht aber durch Leistung überzeugen  
… bemühte sich, die Anforderungen zu erfüllen miserable Arbeitsleistung   
… hat sich im Rahmen seiner/ihrer Fähigkeiten eingesetzt nicht mehr als erfolgloses Bemühen
… erfreute sich bei Kunden größter Beliebtheit besitzt kein Verhandlungsgeschick
… seine/ihre Geselligkeit verbesserte das Betriebsklima (übermäßiger) Alkoholgenuss am Arbeitsplatz
… umgänglicher Kollege wenig beliebt
… im Rahmen ihrer/seiner Fähigkeiten mangelnde Fachkompetenz
… galt als toleranter Mitarbeiter wenig kooperativ
… war tüchtig und wusste sich durchzusetzen überheblich
… erledigte Aufgaben mit großem Eifer und Interesse bemüht, aber erfolglos 
… Aufgaben, die ihm/ihr übertragen wurden möglicher Hinweis auf unselbstständige Arbeitsweise 
… bewies gutes Einfühlungsvermögen in die Angelegenheiten der Belegschaft flirtet viel
… hat alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt deutet auf mangelnde Eigeninitiative hin
… begab sich mit großem Elan an die ihr/ihm anvertrauten Aufgaben ist mit viel Fleiß an die Arbeit herangegangen, die Leistung konnte aber nicht überzeugen
… hatte Gelegenheit, die ihr/ihm anvertrauten Aufgaben zu erledigen konnte das Arbeitspensum nicht zufriedenstellend erfüllen
… war den Mitarbeitern ein guter Gesprächspartner führte während der Arbeitszeit häufig Privatgespräche
… war sehr fleißig und wusste sich gut zu verkaufen wollte immer im Mittelpunkt stehen und war kein guter Teamplayer.
… das Arbeitsverhältnis endet im gegenseitigen Einvernehmen Kündigung durch Arbeitgeber (wahrscheinlich)
… wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute und Erfolg abschließende Betonung der unbefriedigenden Arbeitsleistung

Vergabe von Noten im Arbeitszeugnis  

Selbstverständlich möchten Chefs beim Verfassen von Arbeitszeugnissen nicht ausschließlich negative Kritik zum Ausdruck bringen, sondern mit ihren Zeugnisformulierungen auch positive Aspekte hervorheben. Um die verschiedenen Leistungsstufen klar voneinander abzugrenzen, bedient man sich eines speziellen Formulierungscodes auf Basis des klassischen Schulnotensystems. Danach werden den Noten von 1 bis 6 bestimmte Arbeitszeugnis Formulierungen zugeschrieben, die das Leistungsniveau deutlich erkennbar machen. So zeichnen sich Zeugnisse, die den Schulnoten 1 und 2 entsprechen, durch die Verwendung von Superlativen aus. Auch verstärkende Adverbien, wie „stets“, „äußerst“ oder „höchst“ sind in dieser Bewertungskategorie häufig zu finden. Besondere Vorsicht ist bei Formulierungen mit Wörtern wie „bemüht“, „versucht“ oder „bestrebt“ geboten.

Diese weisen im Arbeitszeugnis Code für gewöhnlich daraufhin, dass der Mitarbeiter zwar um eine gute Arbeitsleistung bemüht war, diese aber aufgrund von fachlicher Inkompetenz nicht erreichen konnte. Arbeitszeugnisse mit diesen Formulierungen werden daher mit den Schulnoten 5 und 6 gleichgesetzt. Etwas schwerer zu entschlüsseln sind Zeugnisse der Noten 3 und 4, da sie sich nur in feinen Nuancen voneinander unterscheiden. Bereits ein kleines Wort, wie „volle“ oder „jeder“ kann dabei ausschlaggebend sein und eine „ausreichende“ in eine „befriedigende“ Beurteilung verwandeln.

Damit Sie den Arbeitszeugnis Code besser durchschauen können, haben wir im Folgenden eine Übersicht der klassischen Zeugnisformulierungen für Sie zusammengestellt.